Vidal Wagner

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Frankfurt, Europas kleines Manhattan
Frankfurt, la petita Manhattan europea

Frankfurt am Main ist die einzige Stadt in Deutschland mit einer „Skyline“, die aus Wolkenkratzern und Hochhäusern besteht. Mehr als dreißig Gebäude überschreiten eine Höhe von 100 Metern, darunter 14 der 15 Wolkenkratzer in Deutschland. Letztere fallen in die Kategorie der hohen Wolkenkratzer, wenn sie eine Höhe von 150 m überschreiten.

Einer der Aspekte, die dazu geführt haben, dass Frankfurt von dieser Ansammlung hoher Gebäude geprägt ist, war zweifellos der hohe Grad der Zerstörung, den die Stadt durch die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs erlitten hatte. Da nach dem zweiten Weltkrieg zunächst spekuliert wurde, dass Frankfurt und nicht Bonn, die Hauptstadt des amerikanischen Teils Deutschlands werden würde, gab es etliche Investoren, die daran interessiert waren, in Frankfurt Projekte zu entwickeln. Im Gegensatz zu anderen, weniger zerstörten Städten, in denen versucht wurde, das Erscheinungsbild der Vorkriegszeit wiederherzustellen, gab es in Frankfurt in der Nachkriegszeit mehr Freiheit, mit neuen Typologien zu experimentieren, insbesondere mit hohen Gebäuden. Von da an bis heute wurden unterschiedliche städtebauliche Konzepte entwickelt, die den Bau von Hochhäusern vorsahen. Ursprünglich beschränkten sich diese Pläne auf den zentralsten Teil der Stadt und das Finanzviertel, doch im Laufe der Zeit erweiterten sie sich auf andere Stadtteile aus.

Zwar begann man im Modernismus mit dem Bau von Gebäuden mit einer gewissen Höhe, doch erst mit dem Bau des Hotel Plaza und dem Gebäude der Dresdner Bank Ende der 1970er Jahre kann man von den ersten Wolkenkratzern über 150 sprechen m hoch sprechen.

Seit 1998 gibt es einen Hochhausrahmenplan, in dem festgelegt wird, wie und wo in der Stadt Frankfurt Hochhäuser gebaut werden sollen. Dieser an die Stadt- und Immobilienentwicklung Frankfurts angepasste Plan sah in seiner letzten Überarbeitung im Jahr 2008 sechsundzwanzig neue Projekte für insgesamt achtzehn Grundstücke vor, davon zwölf Gebäude mit mehr als 100 Metern Höhe. Von Anfang an wurde die Idee gefördert, symbolträchtige Gebäude im Finanzzentrum und im Messegelände zu errichten. Der Plan sieht auch andere Standorte in anderen Teilen der Stadt vor, darunter Wohnhochhäuser im Nordteil der Stadt oder Wolkenkratzer im Bereich des Hauptbahnhofs. Fast alle im Masterplan vorgesehenen Projekte wurden in der Höhe reduziert, als dieser von den städtischen Behörden endgültig genehmigt wurde.

Unter den bisher in Frankfurt errichteten Wolkenkratzern ist der Commerzbank-Turm hervorzuheben, ein 65-stöckiger Wolkenkratzer nach einem Entwurf von Norman Foster, der 1998 eingeweiht wurde. Das Gebäude hat einen dreieckigen, ovalen Grundriss und zeichnet sich durch die Einbeziehung mehrerer begrünter Zonen aus. Die drei Fassaden sind mit hohen Pflanzen bepflanzt und eines der ersten Gebäude, das bioklimatische Aspekte in seine Gestaltung einbezog. Mit 259 Metern ist es das höchste Gebäude Deutschlands und bis 2003 das höchste Gebäude Europas. Dicht dahinter folgt der Messeturm mit einer Höhe von 256 Metern und 55 Stockwerken, ein Werk des Architekten Helmut Jahn und 1990 fertiggestellt.

Zuletzt wurde im März 2015 der neue Hauptsitz der Europäischen Zentralbank (EZB) eingeweiht. Das 185 Meter hohe Gebäude ist ein Werk des österreichischen Büros Coop Himmelblau und gehört zu den wenigen Gebäuden dieser Größe mit ausschließlich finanzieller Aktivität außerhalb des sogenannten Bankenviertels, dem Finanzzentrum Frankfurts. Das Werk besteht aus zwei polygonalen Zwillingstürmen, die für die Unterbringung von bis zu 2.900 Mitarbeitern konzipiert sind.

Eine gesonderte Erwähnung verdient der Europaturm, ein Kommunikationsturm, der mit 337,5 Metern das zweithöchste Bauwerk – kein Gebäude – in Deutschland ist. In der Tat belegen in Frankfurt errichtete Hochhäuser die ersten zehn Positionen der Liste Deutschlands höchster Gebäude. 

Frankfurt ist also bereit, an der Spitze der Hochhausentwicklung zu bleiben. Als Beweis dafür dient der Bau des Wohnhauses „Grand Tower“ im Europaviertel, das bei seiner Eröffnung im Jahr 2019 mit seinen 172 Metern das höchste Wohngebäude Deutschlands wurde. Und so werden in den nächsten fünf Jahren bis zu zwanzig neue Hochhäuser die Frankfurter Skyline ergänzen.

Die Grundstückspreise in Frankfurt gehören zu den teuersten in Deutschland, was Projekte, die an die Grenzen der Bebaubarkeit gehen, besonders attraktiv macht. Allerdings ist in Hochhäusern nicht alles einfach. Der Brand im Apartmenthochhaus Grenfeld in London hat in Sachen Brandschutz alle Alarmglocken läuten lassen. So sehr, dass die Regierung eine Überprüfung aller Wohnhochhäuser in Hessen und eine strenge Kontrolle der zulässigen Fassadenmaterialien angeordnet hat.

Es ist nicht verwunderlich, dass sich Frankfurt aufgrund der vielseitigen Stadtlandschaft deutlich von anderen deutschen Städten unterscheidet. Tatsache ist, dass neben den oben genannten Wolkenkratzern einige Kirchen und historische Gebäude nebeneinander existieren, die im Stadtzentrum wiederhergestellt wurden. Diese Eigenschaft zusammen mit der guten Integration des Mains in die Stadt machen Frankfurt zu einer für Deutschland atypischen Stadt mit einem Charakter, der sich eher  eine Metropole wie New York annähert. Dies spiegelt sich in der Bezeichnung „Mainhattan“ wieder, die in der Region ironischerweise verwendet wird in Bezug auf den Main und die Ähnlichkeit mit Manhattan.

Artikel für den Blog der Auslandskorrespondenten der Architektenkammer Katalonien (COAC) September 2017